Geschichte vor Ort. Unterwegs in Fürstenwalde: STOLPERSTEINEN auf der Spur

Mit GPS und Els­ter­glanz (Blick­punk Fürs­ten­wal­de, 22.März 2014)

Frau Moser vom Evan­ge­li­schen Kir­chen­kreis Oder­land-Spree hat­te im Rah­men ihres Pro­jekts „Tole­ranz för­dern, Kom­pe­ten­zen stär­ken“ zu die­sem Vor­ha­ben ange­regt: Fürs­ten­wal­des STOLPERSTEINE bie­ten eine außer­ge­wöhn­li­che Gele­gen­heit, Geschich­te aus der eige­nen Regi­on her­aus zu ent­de­cken und zu ver­ste­hen und auch den Kreis zu unse­rer Stu­di­en­fahrt nach Ausch­witz im ver­gan­ge­nen Herbst zu schlie­ßen. Wir, die Schü­ler der 10. Klas­se der Ober­schu­le Brie­sen, grif­fen die­ses Ange­bot auf und bega­ben uns des­halb bei schöns­tem Früh­lings­wet­ter am 13. März auf his­to­ri­sche Spu­ren in Fürstenwalde.

Am Bahn­hof Fürs­ten­wal­de nah­men uns Frau Moser und Herr Gärt­ner vom „Blick­punkt“ in Emp­fang. An der Gedenk­ta­fel von Cla­ra Grun­wald, einer jüdi­schen Montesso­ri-Päd­ago­gin, die die ihr anver­trau­ten Kin­der von Neu­en­dorf im San­de ins Gas nach Ausch­witz beglei­te­te und deren Name heu­te vom Han­gels­ber­ger Cam­pus der Montesso­ri-Schu­len der FAW gGmbH getra­gen wird, führ­te Frau Moser uns kurz in die The­ma­tik der STOLPERSTEINE ein. In Fürs­ten­wal­de sind bis­her 37 STOLPERSTEINE ver­legt. 20 erin­nern an jüdi­sche Opfer, drei an poli­ti­sche und 14 an soge­nann­te „Eutha­na­sie­op­fer“, Men­schen mit Behin­de­run­gen, die in den Fürs­ten­wal­der Sama­ri­ter­an­stal­ten gelebt hat­ten. Im Unter­richt hat­ten wir uns bereits damit beschäf­tigt und auch einen Doku­men­tar­film über Gun­ter Dem­nig gese­hen, der die­se STOLPERSTEINE seit fast 20 Jah­ren in ganz Deutsch­land und mitt­ler­wei­le euro­pa­weit verlegt.

Gemein­sam mit Frau Moser und Herrn Gärt­ner bega­ben wir uns an die Orte, an denen jüdi­sche oder poli­tisch ver­folg­te Bür­ger in den drei­ßi­ger und vier­zi­ger Jah­ren des 20. Jahr­hun­derts zuletzt wohn­ten, bevor sie von den Natio­nal­so­zia­lis­ten in die Emi­gra­ti­on getrie­ben, ver­haf­tet, depor­tiert und ermor­det wur­den. Herr Gärt­ner hat dazu eine Geo­caching-Run­de ange­legt, die von Frau Moser so abge­wan­delt wur­de, dass wir zunächst in zwei Teams gehen konn­ten, 20 STOLPERSTEINE such­ten, fan­den und putz­ten und dazu eini­ge Fra­gen, die uns an den nächs­ten Ort füh­ren soll­ten, beantworteten.

Wir waren erstaunt, an wel­chen Orten STOLPERSTEINE zu fin­den sind. Wir woh­nen zum Teil in Fürs­ten­wal­de, ken­nen die Stadt vom Bum­meln und Ein­kau­fen, sind die Stre­cken schon oft gelau­fen – und den­noch fie­len den Wenigs­ten die STOLPERSTEINE bis­her auf. Viel­leicht haben wir mit unse­rer Putz­ak­ti­on dazu bei­getra­gen, dass wei­te­re Men­schen die STOLPERSTEINE wahr­neh­men, weil sie neu­gie­rig waren, was wir dort machen – oder weil die Stei­ne jetzt für eine Wei­le wie­der in der Son­ne glän­zen. Dafür muss­ten wir uns ganz schön anstren­gen, denn Schmutz und das Wet­ter hat­ten das Mes­sing dun­kel anlau­fen las­sen.
Die Idee Dem­nigs ist, dass die Men­schen, wenn sie sich über die Stei­ne beu­gen, um die Inschrif­ten zu lesen oder die­se put­zen, sich vor den Opfern der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Dik­ta­tur ver­beu­gen. Die STOLPERSTEINE sol­len ins öffent­li­che Bewusst­sein rücken, dass mit­ten unter uns Men­schen leb­ten, die auf­grund ihrer Reli­gi­on, poli­ti­schen Auf­fas­sung, wegen ihrer kör­per­li­chen oder geis­ti­gen Beein­träch­ti­gung ver­trie­ben, ver­folgt und ermor­det wur­den. Das kann ein Muse­um oder eine zen­tra­le Gedenk­stät­te in die­ser Form nicht leis­ten.
Nach unse­ren Run­den über die Eisen­bahn­stra­ße, die Otto-Nusch­ke-Stra­ße, die Frank­fur­ter Stra­ße, die Rein­hei­mer Stra­ße, die Dr.-Wilhelm-Külz-Straße und den Markt­platz tra­fen wir uns am Dop­pel­gän­ger und begrüß­ten Herrn Stroh­feld vom Fürs­ten­wal­der Stadt­mu­se­um, der uns nun zur ehe­ma­li­gen Syn­ago­ge und zum Jüdi­schen Fried­hof führ­te und Fotos zeig­te, wie es dort frü­her aus­sah.
Zum Schluss woll­ten wir den Cache ber­gen, was jedoch nicht gelang, weil „Mug­gel“ die­sen ent­fernt hat­ten. Dafür zeig­te Frau Moser uns einen ande­ren Cache, damit jeder von uns weiß, wie die­ser aus­se­hen kann. Herr Gärt­ner, selbst begeis­ter­ter Geo­cacher, erzähl­te eini­ge Anek­do­ten, die er auf der Suche nach Caches erlebt hat, und mach­te sicher den einen oder ande­ren neu­gie­rig, in sei­ner Frei­zeit selbst auf die Suche zu gehen.

Das Fazit unse­rer STOL­PER­STEIN­tour in Fürs­ten­wal­de: Geschich­te vor Ort macht alle­mal mehr Spaß als in der Schu­le. Und wie bereits ein­gangs erwähnt: Wir waren im letz­ten Sep­tem­ber gemein­sam in Ausch­witz. Mit den STOLPERSTEINEN schließt sich der Kreis. Von hier wur­den Men­schen depor­tiert in die Gas­kam­mern, auch nach Ausch­witz. Hier beginnt die Geschich­te der Ver­fol­gung. Hier wird den Ermor­de­ten und Ver­folg­ten ihr Name zurück­ge­ge­ben und an sie gedacht. Ihr seid nicht vergessen:

Klaus und Pau­la Mar­cu­se
Dr. Hans und Frie­da Klop­stock
Sophie David­sohn
Ger­trud Krebs
Bet­ty, David, Erich, Fan­ny und Ilse Heymann
Max und Johan­na Ger­ber
Richard Wei­ßen­stei­ner
Dr. Her­bert Fla­t­au­er
Her­mann, Rosa und Hil­de (verh. Hurst) Storch
Flo­ren­ti­ne und Regi­ne Waldau

Wir möch­ten uns bei Frau Moser, Herrn Gärt­ner und Herrn Stroh­feld für die Vor­be­rei­tung und Gestal­tung des Nach­mit­tags herz­lich bedanken.

Die Klas­se 10 der Ober­schu­le Brie­sen der FAW gGmbH

Bericht von Saskia Kaul

Bericht von Ant­je Uterstädt

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